Diablo 3: Reaper of Souls, so wie es momentan existiert, leidet an einem großen Mangel. Ein Mangel, der einem früheren Mangel kaum ähnlicher sein könnte.
Früher gab es eine große Spielerschar, die sich einem eigenen Spielmodus verschrieben hatte: dem Selffound-Modus. In Zeiten des Auktionshauses ignorierten diese Spieler dieses Auktionshaus und spielten Diablo so, wie sie es für richtig hielten: lediglich mit selbst gefundenen Gegenständen. Der Weg wurde dadurch steinig, da die Dropchance und höchsten Schwierigkeitsgrade völlig auf das Auktionshaus abgestimmt waren. Wer dazu noch entschied Hardcore zu spielen, brauchte einen noch längeren Atem. Der positive Nebeneffekt war aber deutlich zu sehen: während sich viele Spieler über die Wand ärgerten, an die sie mit ihren Items gerieten, und die ihre Hack&Slay-Erfahrung zu einer Wirtschaftssimulation wandeln ließ, hielt die Motivationskurve für Selffoundspieler noch an. Klar, anstatt sich den besten Streitkolben im Auktionshaus zu kaufen, fanden sie unter ihren eigenen Spielmodalitäten immer wieder kleine oder große Verbesserungen, auch aufgrund der niedrigeren Dropchance von legendären Gegenständen.
Heutzutage haben wir ein ähnliches Problem, obgleich die Antwort der Spielerschaft noch auf sich warten lässt. Das Problem sind Sets. Sie sind absolut obligatorisch, will man oben mitmischen. Mit Sets werden Schadensspitzen verzehnfacht, Ressourcenmanagement entbehrlich, sowie Skills und Skillkombinationen absolut alternativlos. Bei den Setgegenständen, die aktuell im Spiel enthalten sind, hat Blizzard eine Art Übertreibung angetreten, die es in der Form nur auf wenigen legendären Gegenständen zu finden gibt. Verzichtet man auf das Set der jeweiligen Klasse, so beschneidet man sich in vielerlei Hinsicht: (Deutlich) Weniger Schaden, Ressourcen müssen wieder eingeteilt werden, Farmgeschwindigkeit wird deutlich verringert, teilweise kann man seine legendären Edelsteine nicht mehr ansatzweise auf ein Level bringen, was mit dem jeweiligen Set möglich ist.
Warum ist hier die Rede von Beschneiden, Verzichten, Problemen? Weil ein Set 46 % der möglichen Gegenstände, die ein Charakter tragen kann, blockiert. Gemeint sind damit 6 Set-Gegenstände oder 5 Set-Gegenstände plus den Ring des königlichen Prunks. Entscheide ich mich also dafür, 6 Set-Gegenstände zu tragen, weil ich beide Ringslots sinnvoll nutzen möchte, so habe ich für immer die selben Stiefel, Handschuhe, Hosen, Brustpanzer, Helme und Schulterpanzer am Charakter. Das bedeutet pro Itemslot kann der Charakter ca. 7 bis 10 legendäre Gegenstände, die existent sind, nicht berücksichtigen. Viele dieser legendären Gegenstände sind in Kombination mit diversen anderen legendären Gegenständen oder kleineren Sets der Schlüssel zu neuen Spielweisen und neuen Charakterbuilds – die der Charakter allesamt niemals spielen können wird, weil er auf das Set nicht verzichten kann.
Ein massiver Fehler seitens Blizzard. Problematisch ist, dass dieser Fehler nicht gesehen wird. Durch die letzten Patch-Ankündigungen und den Inhalten der Testserver wurde deutlich, dass weiterhin auf Sets gebaut wird, indem sogar neue Sets implementiert werden sollen. Was hier passiert ist nichts anderes als die Vielfalt von 1 obligatorischen Set auf 2 zu erhöhen. Das wäre im Übrigen der „Best Case“. Im schlimmsten, oder realistischsten Fall ist das zweite neu hinzukommende Set entweder stärker als das Erste, oder schwächer. Am Ende bleibt wiederum 1 Set übrig, auf das keiner verzichten kann.
Trägt man das Klassenset, bleibt nicht mehr viel Freiraum
Warum Blizzard diesen Schritt geht, ist nicht nachvollziehbar. Problematisch ist jedoch, dass ein roter Faden zu erkennen ist. Seit jeher war es dem Diablo 3 Entwicklerteam wichtig, dass spezifische Inhalte des Spiels besondere Aufmerksamkeit verdienen. Als Reaper of Souls veröffentlicht wurde, wollte man die Spielerschaft dazu bewegen den Abenteuermodus zu spielen. Man buffte diesen inklusive der Nephalemportale so stark, und half mit den Dropchancen in den Portalen so heftig nach, dass Spieler nur noch Nephalemportale spielten. Als es dann große Nephalemportale gab, wurden diese wiederum vollgestopft mit Beute und erhöhter Monsterdichte, damit Spieler auf jeden Fall große Nephlameportale spielten. Natürlich sind Kopfgelder und normale Portale noch für die Steine und Portalschlüsselfragmente nötig, aber wer spielt sie, weil sie Erfolg bringen? Wer rein auf Effizienz aus ist, wird den Weg der großen Nephalemportale gehen, und das ist exakt das, was Blizzard herbeiführen wollte. Die Kampagne wurde dabei übrigens völlig links liegen gelassen, was schade ist angesichts der vielen Arbeit und der Liebe zum Detail, die dort steckt. Was spräche dagegen jegliche Spielmodi gleichwertig zu gestalten?
Jenes Problem ist auch bei den Gegenständen zu merken. Gegenstände, die neu implementiert werden, müssen sich immer wieder selbst toppen. Sie werden immer stärker, die Effekte immer übertriebener. Als seltene Gegenstände in Diablo 3 Classic noch zu den wertvollsten gehörten, wurden legendäre Gegenstände extrem verstärkt, um sie zu den wertvollsten zu machen. Die Idee, beide Gegenständsarten wertvoll zu gestalten, kam den Entwicklern hierbei nicht. Auch beim Übergang zu neuen legendären Affixen wurde diese Entwicklung genommen. Wer von uns Spielern stellt denn nun noch Handschuhe mit 6 Zufallsaffixen her? Ein legendäres Affix ist längst absolute Pflicht geworden. Nun sind wir bei den Sets. Auch diese wollte Blizzard zu etwas besonderem machen und hat dadurch wieder einmal übertrieben, sodass die Sets überzogen stark wurden. Pflicht eben. Ein schönes abschließendes Beispiel sind die uralten Gegenstände. Wer einmal eine uralte Waffe gefunden hat, trägt Waffen, die nicht uralt sind, fortan zum Schmied.
Mit anderen Worten: Blizzards Philosophie bedeutet das Entwerten aller eigenen Inhalte, sobald neuer Inhalt hinzukommt. Ein Verknüpfen aller Inhalte durch gleichmäßige Aufwertung würde das Spiel zu einem motivierenden Schlager gestalten und zugleich viele Stunden Entwicklungsarbeit honorieren.
Aber wer weiß, vielleicht gibt es ja bald Communities in der Saison, die komplett ohne Sets spielen, und sich so den Spielspaß durch eine Menge abwechslungsreicher legendärer Gegenstände offen halten.
Kolumne von Ysuran (Diablo-3.net)
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9 Kommentare auf "Diablo 3 Kolumne: Von „Selffound“ zu „No Set-Items“?"
Ich bin jetzt 370, hab dank dem Prunkring 2 Sets an, Raekor und unsterbichler König, ich kann mich nicht mehr daran erinnern wann ich zum letzen mal ein Item getauscht habe, das ist schon ewig her. Ich suche schon seit Monaten die 2. Einheit (Ring) und den Schmelzofen damit ich endlich wieder mal ein bisschen Abwechslung habe.
Wahre Worte!
Bitte macht doch mal einer eine Onlinepetition gegen Blizzards Kurs.
Da würden so einige Unterschriften zusammenkommen.
dieser artikel trifft es auf den punkt. ich will irgendwann auch mal wieder blaue items in meinem equip haben! was ist denn so schwer daran die wenigen attribute dann höher rollen zu lassen
Dieser Artikel trifft genau meiner Meinung nach das hauptproblem von D3
Genau das ist das Problem. Und das einzige was Blizzard in naher Zukunft machen wird ist weitere Schwierigkeitsstufen machen. T7-T10. Kann ich mir zumindestens vorstellen. Und natürlich noch stärkere Sets wies im Beitrag eh steht.
Man nehme nur das DH-Set (neu).. Marodeur gibt mit 5 Sentries +500% Dmg auf Multishot. Mit dem neuen Set + Natalyas (was dann wieder gewisse Slots blockiert) und +Diszi kriegt man locker 80-100 Disziplin rein was im Endeffekt +1000% auf Multishot ist. Zusätzlich erhöhte Def. Warum Blizzard, warum?
Und genau das habe ich schon zum Release gesagt, dass das Spiel auf das AH abgestimmt war. Nein, da schrien alle rum, das stimmt nicht bla bla…